Station 6

Verdrängte und vergessene Helden

Jüdische Soldaten im ersten Weltkrieg

Dieser wohl einmalige Grabstein auf dem „neuen“ jüdischen Friedhof in Gemünden symbolisiert das ganze Dilemma jüdischer Deutscher oder deutschen Juden: Moritz Strauss starb als 22-jähriger jüdisch-deutscher Soldat am 2. September 1916 den „Heldentod fürs Vaterland“. Pickelhaube, Dolch, Koppel und Gewehr zieren neben den segnenden Händen eines Priester-Nachfahren den Grabstein.

 

Bis 1918 hat es immer wieder jüdische Soldaten in deutschen Armeen gegeben, auch in der heutigen Bundeswehr dienen jüdische Deutsche ihrem Vaterland. Im Ersten Weltkrieg glaubten viele junge Männer, ihr überzeugtes Deutschsein durch freiwilliges Melden zur kaiserlichen Armee beweisen zu können. Überspitzt gesagt, sie wollten und mussten deutscher als sein als die nicht-jüdischen Deutschen, um anerkannt zu werden. Jüdische Verbände wie der Central-Verein deutscher Staatsbürger jüdischen Glaubens“ (CV) riefen ihre Mitglieder zum Kriegsdienst auf. 

Dieser Grabstein für den gefallenen Moritz Strauss aus Gemünden steht beispielhaft für diese Entwicklung. Juden meldeten sich freiwillig zum Dienst in der kaiserlichen Armee, im Vergleich zu der nicht-jüdischen Bevölkerung war der Anteil der Gefallenen ebenso überproportional hoch. Sie glaubten, der Dank des Vaterlandes sei ihnen gewiss, doch der rassische Antisemitismus hatte längst Einzug in die deutsche Gesellschaft gehalten, Beschuldigungen wie „Drückebergerei“ oder „Feigheit vor dem Feind“ wurden wahrheitswidrig verbreitet.  Einige Parteien und Verbände traten offen dafür ein, die Juden im Reich auszugrenzen und zu vertreiben.  Eine umstrittene „Judenzählung“ aus dem Jahre 1916 zeigte die Haltlosigkeit der Beschuldigungen, sie wurde jedoch erst 1922 veröffentlicht. Der Reichstagsabgeordnete Ludwig Haas (FVP), selbst Frontoffizier und Inhaber des Eisernen Kreuzes I. Klasse, sagte anlässlich einer Debatte über die „Judenzählung“ den prophetischen Satz:  „Nun sind wir gezeichnet“. Die Gründung des „Reichsbundes jüdischer Frontsoldaten“ (RjF) im Jahre 1919 machte es sich zur Aufgabe, den Behauptungen entgegen zu treten. Im Landkreis Simmern war er sehr aktiv, bot den seit 1933 aus den Vereinen ausgeschlossenen Sportlern Gelegenheit in einem Verein Fußball zu spielen, verlor aber seine Bedeutung mit der Flucht vieler  Mitglieder und erst Recht nach der zwangsweisen Auflösung im Jahre 1935.

 

Der Dank des Vaterlandes war keinem der Gefallenen gewiss.

 

 

 „Es starben für das Vaterland“ –

Das Kriegerdenkmal in Laufersweiler 

(an der Straße nach Gösenroth) 

 

Einweihung des Denkmals an der Straße nach Gösenroth für die Gefallenen des Ersten Weltkriegs  im Jahre 1927.

Diese Inschrift ziert das im Jahre 1927 eingeweihte Ehrenmal für die Gefallenen des Ersten Weltkriegs in Laufersweiler. Darunter sind 40 gefallene, vermisste und an den Kriegsfolgen verstorbene Laufersweiler Männer aufgelistet, davon vier jüdischen Glaubens. Während der Weimarer Republik war es in vielen ländlichen Gemeinden selbstverständ-lich, auch der jüdisch-deutschen Gefallenen zu gedenken, im Dritten Reich wurden vielerorts die Namen der Gefallenen getilgt. In anderen Orten gibt es bis heute Denkmäler jeweils nur für die katholischen oder evangelischen Gefallenen des Ersten Weltkrieges, aber nicht für die jüdischen. In Oberwesel ist eine Gedenkplatte mit den Namen der jüdischen Gefallenen auf dem jüdischen Friedhof weit außerhalb des Ortes angebracht. Nach Zählung des RjF fielen 29 jüdisch-deutsche Soldaten aus dem heutigen Rhein-Hunsrück-Kreis. Nicht eingerechnet sind die nach 1918 an den Kriegsfolgen gestorbenen Soldaten.  

Die Kath. Schulchronik Laufersweiler berichtet detailliert über den Tod der jüdischen Gefallenen aus Laufersweiler:  

Moritz Mayer wurde am 25. April 15 bei Verdun durch einen Granatsplitter getötet

Edmund Mayer, Sohn von Moses Mayer, ein Bruder des bereits gefallenen Moritz Mayer, fiel am 25. September 15 in der Champagne durch einen Kopfschuß 

Julius Heimann: Am 13. Juli 1918 erlag im Bayr. Feldlazarett No 26 der Fahrer Julius Heimann Fuhrpark Kolonne 700, Sohn von Bernhard Heimann, seiner am 9. Juli zwischen Bapaume und Albert erlittenen Verletzung durch Bombensplitter bei einem Fliegerangriff. Kopf-, Ober- und Unterarm und Hüftverletzung. Er liegt begraben auf dem Soldatenfriedhof Etrievurt Grab No 77.

Vizefeldwebel Julius Baum, Sohn von Simon Baum starb den Heldentod für sein Vaterland am 27.Oktober 1918 bei einem siegreich durchgeführten Angriff gegen die Amerikaner bei Stenay a.d. Maas durch Maschinengewehrschuß in die Brust. (Am 28.10. sollte er in Urlaub fahren). 


Sally Mayer (linkes Foto links) als Soldat im Ersten Weltkrieg und rechts  in Frankreich an der Westfront (Nr. 3559).

 

Soldbuch des Gefreiten Sally Mayer aus Laufersweiler (Zur Verfügung gestellt von Fam. Mayer-Drach, Israel)