Station 12.1

Die Mazzenbäckerei

Im Haus der Familie Joseph leben Heinz und Ruth Joseph mit ihrer Mutter Gertrude und den Großeltern - der Vater war schon im 1934 gestorben, als Heinz noch klein war.

Die Familie von Heinz Joseph besitzt die örtliche Mazzenbäckerei. Dort werden die Mazzen hergestellt, die jüdische Familien zum Pessachfest essen.

Mazzen sollen  jüdische Menschen an das ungesäuerte Brot erinnern, das die Israeliten am Abend vor ihrem überstürzten Auszug aus Ägypten gebacken haben.

Weil die Mazzen zum Pessachfest überall im Hunsrück & auch in anderen Regionen gebraucht werden, gibt es im Frühling immer viel zu tun für die Familie Joseph. Viele Leute aus Laufersweiler arbeiten in der Mazzenbäckerei bei den Josephs. Auch Heinz und Ruth helfen kräftig mit. Die Arbeit in der Bäckerei macht ihnen großen Spaß. Während die Bäckerei in Betrieb ist, wohnt immer ein Rabbiner bei den Josephs. Das ist ein Lehrer, der sich besonders gut mit der jüdischen Religion und der heiligen Schrift auskennt.

Weil die Mazzen ein wichtiger Bestandteil des Pessachfests sind und eine wichtige Rolle in der jüdischen Religion spielen, achtet der Rabbi darauf, dass bei der Familie Joseph die Regeln des jüdischen Glaubens eingehalten werden.

 

Ein Bild aus glücklichen Kindertagen: Heinz mit seiner Schwester Ruth im Garten ihres Hauses in der Kirchgasse. Ruth (geb. 19.6.1921) floh am 16.9.1938 in die Niederlande, wurde aber später in Westerbork interniert, am 15.7.1942 nach Auschwitz deportiert und dort am 30.9. ermordet.

Die Mutter Gertrude (geb. 1893 in Kirf), wurde am 30.4.1942 nach Theresienstadt deportiert, dort verliert sich ihre Spur.

Heinz Joseph (geb. 4.9.1925) bei seiner Bar Mizwa  (Hebr. "Sohn der Pflicht") im Jahre 1938, bei der er in der Synagoge aus der Thora vorlas und damit in die Gemeinde aufgenommen wurde. 

Am Morgen nach der Reichspogromnacht (9./10.11.1938) ziehen grölende Horden von NS-Anhängern am zerstörten Haus der Josephs vorbei, beobachtet von Kindern und Jugendlichen des Dorfes.  In der Nacht zuvor haben sie August Joseph fast zu Tode geprügelt und das ganze Inventar des Hauses (siehe Fenster) zertrümmert.

 

Inhaftierungen von Heinz Joseph:

18.10.1941 - 15.8.1944   Ghetto Lodz (Litzmannstadt)

16.8.1944 - 25.8.1944   KZ Auschwitz

26.8.1944 - 15.4.1945   KZ Bergen-Belsen

 

Heinz Joseph floh nach der Reichspogromnacht nach Remich (Luxemburg) zu Geschwistern seiner Mutter. Nach dem Überfall der Wehrmacht auf Luxemburg (Mai 1940) kam Heinz wieder unter deutsche Herrschaft und wurde schließlich 1941 deportiert. Seine letzte Leidensstation war Bergen-Belsen, wo die englische Armee ihn am 15.4.1945  von seinen jahrelangen Qualen befreite. Nach einem kurzen Aufenthalt in Laufersweiler wanderte er über Luxemburg in die USA aus und nannte sich dort Henry. Das Foto wurde im Juni 1945 aufgenommen, als er wieder einigermaßen zu Kräften gekommen war. Heinz hat direkt nach seiner Flucht aus Laufersweiler einen ausführlichen Bericht über diese traumatischen Ereignisse auf die Rückseite von Kinoplakaten geschrieben, der im Studienzentrum vorliegt, ebenso wie sein Lebenschicksal in mehreren Sprachen.

 

 

Der Film "Schindlers Liste" von Steven Spielberg wurde zu Beginn der 1990er Jahre ein Welterfolg. Den eingespielten Gewinn spendete Spielberg für die Shoah-Foundation, die in der Folgezeit über 52.000 Interviews mit Holocaust-Überlebenden aus 56 Ländern aufnahm. Ein eindrucksvolles Beispiel ist das mit Heinz (Henry) Joseph aus Laufersweiler, das 1996 geführt wurde und ebenfalls in der Synagoge vorliegt.